Juraj Hromkovic, ETH-Professor, Experte für theoretische Informatik und Ausbildder von Informatiklehrern ist überzeugt: «Jedes Kind muss programmieren lernen!» Denn programmieren soll den Schulkindern helfen, Probleme selbstständig zu lösen.
«Unseren Alltag wird durch die neuen Medien so grundsätzlich zu verändert, dass auch
allgemeine Bildungsziele einer Wandlung unterliegen», schreibt der neue Lehrplan 21, der während diesem Sommer in der Vernehmlassung ist. Unter ICT und Medien versteht der Lehrplan des 21. Jahrhunderts
ein Durcheinander von Edutainment, Cybermobbing, Wetterkarten, Manipulation, Medien
als vierte Gewalt im Staat, Computer und
Datenstruktur. Das ist gelinde gesagt unseriös.
Dies sieht auch Juraj Hromkovic so: «Informatik muss den gleichen
Stellenwert haben wie andere Fächer, idealerweise als eigenes
Schulfach.» Dabei spricht der ETH-Professor nicht aus dem Elfenbeinturm, sondern aus eigener Erfahrung. Zusammen mit seinen Mitarbeitern bildet er nicht nur Fachlehrer aus, sondern hilft diesen auch beim Start direkt im Klassenzimmer; auch in der Primarschule.
Im Zentrum
des Informatikunterrichts in der Primarschule sollte nach Hromkovic das Programmieren stehen. Richtig gelesen: «Jedes Kind sollte programmieren
können., denn beim
Programmieren werden Fähigkeiten geschult, die in keinem anderen Fach in
diesem Mass erlernt werden können.» Die Schule muss die Kinder befähigen, selber
einem Problem auf den Grund zu gehen, Erfahrungen zu sammeln, die zu
Entdeckungen führen, und dazu zu verstehen, wie man die Technik steuert.
In den Klassen, in denen Hromkovic ab dem 4. Schuljahr die Kinder Logo programmieren lässt, sind
alle begeistert. Die Kinder haben Erfolgserlebnisse, schwache wie
begabte Schüler werden individuell gefördert, die
Konzentrationsfähigkeit wird verbessert – und es gibt überhaupt keine
Gender-Problematik. Logo hilft bei Grundsätzlichem: eine Aufgabe verstehen, selbstständig den Lösungsweg entdecken und ihn dann in einer
eindeutigen Sprache so formulieren, dass auch der Computer ihn versteht
und ausführen kann.
Dies sind Grundlagen. Und an Grundlagen fehlt es an der heutigen Schule. Was nützt es, in der Schule die Bedienung von Word oder PowerPoint zu erlernen, wenn die Grundlagen fehlen? Wenn bis zum Einstieg ins Berufsleben sieben neue Versionen erscheinen werden? So werden die Kindern
überhaupt nicht intellektuell gefordert. Das ist das pure Gegenteil von
Nachhaltigkeit.
Dass
der Informatikunterricht und damit die Grundfähigkeiten im
Programmieren so wichtig sind, hat für Hromkovic gute Gründe. Die
Fähigkeit, sich in einer eindeutigen Sprache auszudrücken, sei die
Voraussetzung für die gesamte Wissenschaft. Das selbstständige Arbeiten
und Überprüfen der Fakten sei viel wichtiger als das Übernehmen fertigen
Wissens. Die Sprache des Computers zwingt einen, sich genau
auszudrücken, was aber nur geht, wenn man selber verstanden hat, was man
sagen will. «Wird das nicht beherrscht, entsteht eine neue Art von
Analphabetentum», sagt Hromkovic.
Dabei hat der Fachmann nichts gegen Themen wie Cybermobbing. Nur haben die nichts mit Informatik zu tun, sondern mit Medienbildung. Während Informtatik etwas technisch-mathematisches ist, handelt es sich bei der Medienbildung um Geisteswissenschaft.
http://www.abz.inf.ethz.ch/
Quelle: Interview im Tagi