Samstag, 20. Juli 2013

Mit Lehrplan 21 in die Sackgasse?

Juraj Hromkovic, ETH-Professor, Experte für theoretische Informatik und Ausbildder von Informatiklehrern ist überzeugt: «Jedes Kind muss programmieren lernen!» Denn programmieren soll den Schulkindern helfen, Probleme selbstständig zu lösen.

«Unseren Alltag wird durch die neuen Medien so grundsätzlich zu verändert, dass auch allgemeine Bildungsziele einer Wandlung unterliegen», schreibt der neue Lehrplan 21, der während diesem Sommer in der Vernehmlassung ist. Unter ICT und Medien versteht der Lehrplan des 21. Jahrhunderts ein Durcheinander von Edutainment, Cybermobbing, Wetterkarten, Manipulation, Medien als vierte Gewalt im Staat, Computer und Datenstruktur. Das ist gelinde gesagt unseriös.

Dies sieht auch Juraj Hromkovic so: «Informatik muss den gleichen Stellenwert haben wie andere Fächer, idealerweise als eigenes Schulfach.» Dabei spricht der ETH-Professor nicht aus dem Elfenbeinturm, sondern aus eigener Erfahrung. Zusammen mit seinen Mitarbeitern bildet er nicht nur Fachlehrer aus, sondern hilft diesen auch beim Start direkt im Klassenzimmer; auch in der Primarschule.

Im Zentrum des Informatikunterrichts in der Primarschule sollte nach Hromkovic das Programmieren stehen. Richtig gelesen: «Jedes Kind sollte programmieren können., denn beim Programmieren werden Fähigkeiten geschult, die in keinem anderen Fach in diesem Mass erlernt werden können.» Die Schule muss die Kinder befähigen, selber einem Problem auf den Grund zu gehen, Erfahrungen zu sammeln, die zu Entdeckungen führen, und dazu zu verstehen, wie man die Technik steuert. In den Klassen, in denen  Hromkovic ab dem 4. Schuljahr die Kinder Logo programmieren lässt, sind alle begeistert. Die Kinder haben Erfolgserlebnisse, schwache wie begabte Schüler werden individuell gefördert, die Konzentrationsfähigkeit wird verbessert – und es gibt überhaupt keine Gender-Problematik. Logo hilft bei Grundsätzlichem: eine Aufgabe verstehen, selbstständig den Lösungsweg entdecken und ihn dann in einer eindeutigen Sprache so formulieren, dass auch der Computer ihn versteht und ausführen kann.

Dies sind Grundlagen. Und an Grundlagen fehlt es an der heutigen Schule. Was nützt es, in der Schule die Bedienung von Word oder PowerPoint zu erlernen, wenn die Grundlagen fehlen? Wenn bis zum Einstieg ins Berufsleben sieben neue Versionen erscheinen werden? So werden die Kindern
überhaupt nicht intellektuell gefordert. Das ist das pure Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Dass der Informatikunterricht und damit die Grundfähigkeiten im Programmieren so wichtig sind, hat für Hromkovic gute Gründe. Die Fähigkeit, sich in einer eindeutigen Sprache auszudrücken, sei die Voraussetzung für die gesamte Wissenschaft. Das selbstständige Arbeiten und Überprüfen der Fakten sei viel wichtiger als das Übernehmen fertigen Wissens. Die Sprache des Computers zwingt einen, sich genau auszudrücken, was aber nur geht, wenn man selber verstanden hat, was man sagen will. «Wird das nicht beherrscht, entsteht eine neue Art von Analphabetentum», sagt Hromkovic.

Dabei hat der Fachmann nichts gegen Themen wie Cybermobbing. Nur haben die nichts mit Informatik zu tun, sondern mit Medienbildung. Während Informtatik etwas technisch-mathematisches ist, handelt es sich bei der Medienbildung um Geisteswissenschaft.
http://www.abz.inf.ethz.ch/
Quelle: Interview im Tagi

Dienstag, 9. Juli 2013

Obama und Merkel lesen meine e-Mails - vielleicht auch Putin und Xi Jinping

Jä so, der Hans... aha,
das geb' ich gleich
dem Steinbrück hinüber.
Der Aufschrei war gross: Die Amerikaner lesen alle unsere e-Mails. Und die Kanadier und die Briten ebenso. Das ist eigentlich eine alte Nachricht. Nicht ohne Grund wurde hier bereits vor einem halben Jahr empfohlen, e-Mails in Couverts zu verpacken, also zu verschlüsseln. Grund für diesen Artikel war ein Hinweis in der Zeitschrift c't, dass der deutsche Nachrichtendienst BND jährlich Millionen von e-Mails nach knapp 1700 Stichworten durchsucht.

Auslandgeheimdienste haben zur Aufgabe, im Ausland Informationen zu beschaffen. An die dortigen Gesetze müssen sie sich nicht halten, so lange sie sich nicht vor Ort erwischen lassen. Das war schon immer so. Nur ist der technische Aufwand in der realen Welt so gross, dass systematische Überwachung nur bei bestehendem Verdacht sinnvoll ist. In der virtuellen Welt hingegen kann mit geringem Aufwand alles gefiltert, kopiert und gespeichert werden, ohne dass der Empfänger dies Überhaupt merkt. Die Zeiten aufgeschlitzter Couverts sind vorbei.

Fassen wir zusammen: e-Mails und auch Internetanfragen surren immer dort durchs Netz, wo im Moment der schnellste Weg ist - nicht der kürzeste. Da Daten unglaublich schnell unterwegs sind - in Deutschland nennt man Glasfaserkabel auch Lichtwellenreiter - kann das gut und gerne auch hinten herum um die Erde sein. Bekannt ist, dass die Deutschen, die Briten, die Amerikaner, die Neuseeländer und die Australier systematisch filtern, was zufälligerweise in ihrem Land vorbeikommt. Wenn nun Berlin sich über die neusten Medienberichte des Guardian betreffend den britischen GCHQ die die lakonische Anwort des Botschafters ihrer Majestät («Wie Sie ja wissen, nehmen britische Regierungen grundsätzlich nicht öffentlich Stellung zu nachrichtendienstlichen Angelegenheiten.») aufregt, ist dies schlicht heuchlerisch.[1]

Waren es früher Satelliten im All, die Telefongespräche und Telefaxe abfingen, sind es heute e-Mails und Datentransporte. Dass die USA sicherheitshalber alles gleich noch in einem riesengrossen Speicher in der Wüste Utah einkellert, in der Hoffnung in Zukunft mit noch zu erfindenden Computernprogrammen noch mehr aus all' dieser Geschäftskorrespondenz, Liebesbriefen, und, und und, herausfiltern zu können, ist eigentlich nur eine Art Renditeoptimierung zu Gunsten des US-amerikanischen Steuerzahlers.[2]

Die Frage ist heute eigentlich nur diese eine: Bin ich damit einverstanden, dass mindestens sechs Staaten meine sämtliche Korrespondenz und all' meine Bewegungen in sozialen Netzwerken wie Facebook beobachtet, notiert, verfolgt, auswertet? Wer mit nein antwortet, muss die Konsequenzen ziehen. E-Mails können verschlüsselt werden, wie bereits im oben genannten Beitrag vom letzten November dargestellt. Anderes lässt sich durch angepasstes Verhalten verschleiern.

Es wurden ja bereits 1991 Briefumschläge für e-Mails erfunden, was die Welt seit über 20 Jahren geflissentlich übersieht und Geschäftsgeheimnisse weiterhin verschickt, wie weiland Tante Rösli die Feriengrüsse aus Ascona. Technisch heisst das PGP und wird mit einem Zertifikat zugeklebt. Dank freien Anbietern wie GnuPG und CAcert.org kostet das nicht einmal Geld.


Quellen: [1] http://www.nzz.ch/aktuell/international/uebersicht/eu-grossbritannien-ueberwachungsprogramm-1.18106167, [2] http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/spione-im-schlaraffenland-1.18107475