Donnerstag, 15. Juli 2010

Was das E-Buch nicht kann - oder: Für ein neues Lesen im Internet-Zeitalter

Das E-Book, wie wir es kennen, ist eine billige Imitation der größten gestalterischen Errungenschaft der Menschheit: des Buchs. Einer der bedeutendsten Software-Entwickler unserer Zeit, David Gelernter, blickt skeptisch auf überbordenden Technologieballast und entwickelt eine Vision des neuen Lesens.

David Gelernter ist einer der brillantesten Computerwissenschaftler der Gegenwart. Er schuf die Grundlagen für das „Word Wide Web“, wie wir es heute kennen. Er ist ein Technologe, aber auch einer der schärfsten Skeptiker moderner Technologien. Er ist Informatiker, aber auch Maler, Essayist und ein großer Kenner der Geschichte des Judentums. Der Name David Gelernter ist mit dem Siegeszug des digitalen Zeitalters verknüpft, aber er ist auch eines seiner Opfer. Am 24. Juni 1993 öffnete David Gelernter ein Päckchen, in dem er eine Dissertation vermutete. In Wahrheit war es einer der Sprengsätze des Unabombers Ted Kaczynski, der in seinem Hass auf die technologische Revolution die Köpfe dieser Revolution töten wollte.

Die Arbeiten des in Yale lehrenden Informatikers haben das „Word Wide Web“, wie wir es heute kennen, überhaupt erst möglich gemacht. Die Idee, Computer parallel zusammenarbeiten zu lassen, so dass sie sich „arbeitsteilig“ einer einzigen Aufgabe widmen können, schuf die Grundlage für die vernetzten Computer. Ausgehend davon, prophezeite Gelernter bereits 1991 die Entstehung des „World Wide Web“, fünf Jahre bevor es tatsächlich so weit war.

In seinem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem gleichen Titel wie dieser Beitrag, untersucht er das Phänomen des elektronischen Buches. Dabei stützt er sich breit ab. Dabei stellt er fest, dass das e-Buch seinen Platz noch nicht gefunden hat. Indem es Papierbuch-Inhalte neu elektronisch zeigt, ist eine schlechte Lösung. Als der Tonfilm den Stummfilm abgelöst hatte, mussten die Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler die Inhalte ja auch auf eine neue Art und Weise darstellen, um dem neuen Medium gerecht zu werden.

Wer skeptisch ist oder die neue Entwicklung noch am beobachten ist, dem sei das Essay Gelertnters sehr zu empfehlen. Eine kritische Auseinandersetzung, welche zwar die Finger kalr auf die Schwächen des e-Buches legt, aber auch das Potential im Auge behalten. Ein Artikel, der sich wohltuend vom Hurra-Gebrüll und den Verteufelungen abhebt.

David Gelernter: Was das E-Buch nicht kann - oder: Für ein neues Lesen im Internet-Zeitalter

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

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