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Anfang Oktober schrieb Eduard Kaeser in der Neuen Zürcher Zeitung einige spanneden Überlegungen zur Virtualität, welche zunehmend unmenschlich die Realität verdrängt. An einer Vernissage kam er ins Gespräch mit einer Frau, die eine schicke Brille trug. Dabei fiel ihm auf, wie sie sich seltsam unaufmerksam benahm. Sie schaute ihm nicht ins Gesicht, sondern liess den Blick hierhin und dorthin schweifen, als ob sie den Raum scannte. Er dachte, sie suche nach einem interessanteren Gesprächspartner, doch weit gefehlt. Sie erklärte ihm, sie trage zum Versuch eine Google-Brille, die sie pausenlos mit Informationen über dieses und jenes in ihrer unmittelbaren Umgebung versehe und so ihre Aufmerksamkeit völlig verzettele. Die Realität sei nun zwar erweitert – «augmented» – mit einer Fülle von Hinweisen, aber sie sei schlicht nicht in der Lage, diese zu bewältigen.
Das Beispiel aus der NZZ ist zwar fiktiv, zeigt aber in aller Deutlichkeit ein Risiko der mobilen smarten Accessoires, die wir vermehrt mit uns herumtragen. Es sei ein grosser Mythos, dass Menschen multitaskingfähig seien ohne Qualitätseinbusse ihrer Arbeit. Zahlreiche psychologische Studien zeigten, dass die simultane Ausführung zweier komplexer Aufgaben zur messbaren Leistungsverschlechterung führen könne, schrieb kürzlich der bekannte Kognitionswissenschafter Donald Norman. Ein weiterer Kognitionspsychologe, David Strayer von der Universität Utah, führt seit längerem Studien über das Fahrverhalten im Privatwagen durch. Eines seiner Ergebnisse ist, dass die Freisprechanlage im Auto ebenso zerstreuend wirkt wie ein in der Hand gehaltenes Gerät. Natels am Steuer sei ebenso gefährdend wie Alkohol am Steuer. Und eine Google-Brille am Steuer?
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