Dienstag, 20. Oktober 2009

Soziale Netzwerke expandieren

Soziale Netzwerke wachsen - aber nicht alle gleich schnell. Wie aus einer Zusammenstellung der Bilanz vom Oktober 2009 hervorgeht, entwickelt sich das umstrittene Facebook zu einem eigentlichen hype mit exponentiellem Wachstum.

Eine andere Beobachtung bezieht sich auf die business network: Während sich Xing und Linkedin lange ähnlich schnell parallel entwickelt haben, scheint den Amerikanern nun der grosse Sprung nach vorne gelungen zu sein. Dies ist einigermassen erstaunlich, sind die Möglichkeiten für Standard- und bezahlende Benutzer ähnlich, Xing hingegen ist in einer grossen Anzahl Sprachen verfügbar. Im deutschsprachigen Raum bleibt Xing aber weiterhin Marktführer. Linkedin behauptet, bessere Datenschutzeinstellungen anzubieten, während Xing dem Nutzer den Speck durch den Mund zieht, indem der Wert des Netzwerkes in Geld umgerechnet wird. Was aber diese sozialen Netzwerke privat oder geschäftlich langfristig bringen, steht weiterhin in den Sternen.

Montag, 12. Oktober 2009

Vom echten Wert von Freunden

Die Internet-Plattform Facebook ist ein Riesenerfolg. Auf dem beliebten Kommunikationsnetzwerk tummeln sich bereits mehr als 200 Millionen Leute. Wohin die Masse auch strömen mag, die Werbung ist nicht weit. Google, das seinen wirtschaftlichen Erfolg den Millionen Benutzern seines Suchdiensts verdankt, kann davon ein Lied singen. Deshalb sind auch die zahlreichen Facebook-Benutzer ein gefundenes Fressen für die Werbebranche. Nicht zuletzt gilt das für jeden einzelnen Facebook-Nutzer – vorausgesetzt, er hat genügend Freunde.

Aus dem sportlichen Wettkampf, mehr Facebook-Freunde als andere aufzulisten, ist ein Geschäftsmodell geworden. Echte Freunde kann man bekanntlich nicht kaufen – bei Facebook-Freunden geht dies. Eine findige Gesellschaft im fernen Australien bietet Facebook-Freunde im Multipack an. Für $ 177.30 bekommt man 1000 neue Freunde auf sein Konto gutgeschrieben und nicht irgendwelche, sondern nach Kriterien ausgewählte Personen. Das Unternehmen rechnet vor, dass jeder Freund einem Marketing-Wert von 1 $ pro Monat entspricht. Weil dieser keine 20 Rp. kostet, sollte er sich also rasch amortisieren. Wer gleich 5000 neue Freunde will, kommt noch billiger weg. Und wem das wegen der von Facebook auf 5000 limitierten Obergrenze noch immer nicht genügt, kann sich (zum gleichen Preis) Tausende von Fans beschaffen. Die ganze Sache zeigt, wie sich herkömmliche Werte in der virtuellen Welt entwerten. Als Leser von Papier- und Online-Zeitungen dürfte man ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Quelle: gvm. in: Neue Zürcher Zeitung, 4. September 2009.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Rechtliche Aspekte zur Privatsphäre

Der Streit der Datenschützer mit Google um die detailreichen Strassenaufnahmen ist etwas aus der Öffentlichkeit gerückt. Gelöst ist er jedoch noch lange nicht. Das amerikanische Unternehmen verzichtet zur Zeit auf Aufnahmen in der Grossregion Zürich, grast dafür das Tessin ab. Die detailreichen Strassenbilder haben etliche Kritiker mobilisiert. Deren Befürchtungen teilen allerdings nicht alle Beobachter. Ein interessanter Beitrag der Neuen Zürcher Zeitung befasste sich mit den rechtlichen Aspekten des Daten- und des Persönlichkeitsschutzes.

Vor rund 100 Jahren ermächtigte das Schweizer Zivilgesetzbuch (ZGB) jemanden, der «in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt ist», gegen alle Verletzer den Richter anzurufen (Art. 28). «Persönlichkeit» hat der Gesetzgeber bewusst nicht definiert: Das würden die Gerichte schon entwickeln. So geschah es.
Grenzen der Öffentlichkeit

Heute gilt «Persönlichkeit» als Bündel von Facetten, die individuelle Züge der Persönlichkeit ausmachen. Eine wichtige solche Facette ist das Recht am eigenen Bild. Wer sich in Gruppen auf der Strasse bewegt oder im Stadion sitzt, nimmt in Kauf, beiläufig abgebildet zu werden; sonst soll er zu Hause bleiben. Am Stadioneingang warnen Plakate und Aufdrucke auf den Billetten, dass die Kamera die Besucher im Schwenkbereich erfassen kann. Anderseits muss der werktags gestylte Börsenhändler, der auf der Fussballtribüne das Hemd auszieht, nicht dulden, von der Kamera halbnackt aus der Menge herangezoomt und so publiziert zu werden.

Eine solch «fokussierte» Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist widerrechtlich, ausser es liegt ein Rechtfertigungsgrund vor – so etwa ein überwiegendes öffentliches Interesse, mit dem meist die Medien ihre Nahaufnahmen rechtfertigen (Bundespräsident Merz am Cup-Final, ein protestierender Bauernführer an der Demo). Am Richter ist es, in den gar nicht seltenen Prozessen die Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Erst vor 15 Jahren hat das Parlament beschlossen, dass das ZGB angesichts der rasant beschleunigten Bild- und Speichertechnologie nicht mehr ausreicht. Es erliess das Datenschutzgesetz (DSG), um das ZGB zu ergänzen und zu präzisieren.

Heute sind Individuen berechtigt, im Sinne der Selbstbestimmung über Einträge ihrer Daten informiert zu werden, ja sogar Korrekturen zu erzwingen. «Gesammelt und bearbeitet werden so viele persönliche Daten wie nötig und so wenige wie möglich».

Wenn die versprochene automatische Unkenntlichmachung von Gesichtern und Autonummern oder die Löschung eines im Garten ab der Autodachkamera Abgebildeten nicht erfolgt, können Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Der Datenschutzbeauftragte tut gut daran, Google beim Wort zu nehmen und mit einem Sperrantrag gemäss ZGB und DSG bei den Bundesgerichten zu drohen – solange die vollmundigen Datenschutzversprechen des Datengrossversorgers Google nicht annähernd perfekt funktionieren.

Quelle/ganzer Artikel: Neue Zürcher Zeitung, 4. September 2009.